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Fast ein Fünftel der globalen Treibhausgase werden durch Viehwirtschaft verursacht. Vierzig Prozent unserer ernährungsbedingten Treibhausemissionen verursachen wir durch tierische Lebensmittel. Ein Drittel dieses Ausstoßes entsteht durch die Abholzung von Regenwäldern in Südamerika. Allein für die Viehwirtschaft. Riesige Mengen von Wasser werden verschwendet. Neben langen Transportwegen ist die ineffiziente Biomasseumsetzung von Säugetieren, Geflügel und Fischen ein ausschlaggebender Punkt für die immer lauter werdende Kritik. Aus 10kg Futtermittel resultieren 5kg Hähnchen, 3kg Schweinefleisch oder 1kg Rindfleisch. Im Vergleich dazu könnte man aus der selben Futtermenge 9kg Insektenfleisch gewinnen.
From ten kilogrammes of feed, it is possible to obtain one kilogram of beef or nine kilograms of insect meat. Insects like it dark, and they require little space and barely any water. Everyone could grow their insets in homemade containers. Today, people can still consume their schnitzel at the expense of the environment. But can they also enjoy it with a good conscience? Future prognoses and ethical values call upon us to change our current consumer behaviour. According to Western European cultural pattern it is intolerable to voluntarily eat insects. We find their looks disgusting. But this problem can be solved – by giving the insect meat a new shape. Bugs Bunny made of insect meat suggests an alternative that is morally and ecologically acceptable. The concept presents a morphological formal study in seven steps beginning with the wellknown image of the hare or bunny, and going to the grasshopper, or bug, as a 3D printout based on mealworm.
1400 Insektenarten, so eine Studie der Welternährungsorganisation, können die Welt ernähren. In Asien laufen derzeit Forschungsprojekte zu verschiedenen und kostengünstigen Futtermethoden von Insekten.
Der große Vorteil des Insektenfarmings ist die „einfache“ Haltung von Insekten: Sie mögen es dunkel und brauchen wenig Platz und nahzu kein Wasser. Zudem sind sie Allesfresser und kommen teilweise mit Pappresten und einer Handvoll Küchenabfällen aus. Jeder kann in selbstgebauten Behältern seine Insekten ziehen. In Thailand und Laos ist das heute schon Realität. Zwei LKW-Reifen aufeinanderstapeln, Eierkartons mit Grillen einsetzen, Drahtgitter drüber und eine Handvoll Küchenabfälle hinein.
Das funktioniert aber in Europa nicht. Noch können die Menschen ihr Schnitzel, stellvertretend für unterschiedliche Zubereitungsformen tierischer Proteine, auf Kosten der Umwelt konsumieren. Aber auch mit ruhigem Gewissen genießen? Es ist leicht auszurechnen wie die Umwelt- und Ernährungs-situation in 20 und in 40 Jahren aussehen wird. Zukunftsprognosen und gemeinsame ethische Werte fordern uns auf, nicht nur unser aktuelles Konsumverhalten zu überdenken, sondern auch zu ändern und umzusetzen.
Menschen in Europa essen keine Insekten, weil die westliche kulturelle Prägung es nicht zulässt. Insekten verbinden die meisten Menschen mit Unreinheit und daraus resultierend Ekel. Nur die wenigsten würden freiwillig ihre Ernährung auf Insekten umstellen. Das Aussehen und die Erscheinung des Schalentieres schreckt sie ab. Wie kann dieses Problem gelöst werden? Indem man dem Insektenfleisch eine neue Form gibt und wir uns durch den „Look“ der Insektenspeise selbst überlisten.
Der „falsche Hase“ transportiert historisch betrachtet eine ähnliche Aussage. Als „Falschen Hasen“ bezeichnet man ein Gericht, bestehend aus gekochten Eiern und Hackfleisch, dass in Zeiten knapper Nahrungsmittel stellvertretend für den kostbaren Sonntagsbraten war. Der „falsche Hase“ aus Insektenfleisch ist ein auf diesen Zusammenhängen beruhender Gegenentwurf, der moralisch und ökologisch vertretbar ist. Aktuelle und zukünftige 3D-Druck-Technologien ermöglichen eine freie Formwahl für die verfeinerten Rezepturen aus Insektenproteinen. Es wird durch die Verfügbarkeit in jedem Haushalt möglich sein eigenständig und nach Gusto Nahrung zu drucken. Der Makerbot heißt ja heute schon Replicator, angelehnt an die automatisierte Essensausgabe auf dem Raumschiff Enterprise.
Mit dem Entwurf Falscher Hase liegt nun ein Konzept vor, dass beispielhaft-morphologisch eine Formstudie
präsentiert: vom bekannten Bild des Hasen hin zur Heuschrecke in sieben Schritten, 3D-gedruckt mit
einer speziell entwickelten Rezeptur basierend auf Mehlwürmern.
Laudatio:GiebichenStein Designpreis der Freunde und Förderer
Hunger ist im derzeitigen Europa glücklicherweise kein vorrangiges Problem mehr. Die Lebensmittelindustrie ermöglicht uns täglich volle und luxuriös gedeckte Tische. In keinem anderen Land der Welt müssen die Bürger einen geringeren Anteil ihres Einkommens für die Ernährung aufbringen. Dabei müsste klar sein, dass diese Entwicklung auch für unsere westliche Welt endlich ist. Die Nacchhaltigkeit unserer Nahrungsgewohnheiten muss wieder verstärkt im Fokus stehen. Im letzenJahr hat ein Bulletin der Welternährungsorganisation FAO aufgeschreckt, demzufolge Insekten eine der wichtigsten Nahruungsquellen der Zukunft sein werden. In unserem Kulturkreis gelten Insekten mehrheitlich als krankheitsübertragende, Ekel erregende Tiere, und sie zu essen ist ein Tabu. Im Gegenteil, die Verbreitung „westlicher“ Ernährungsgewohnheiten führe in vielen Regionen der Welt dazu, das Insekten vom traditionellen Speiseplan verdrängt werden, warnen Wissenschaftler. Carolin Schulze fokussiert mit ihrem Projekt „Falscher Hase“ auf diese Problematik mit einer hintergründig notwendigen Ernsthaftigkeit, aber einer ebenso ausgleichenden, fast parodistischen Fröhlichkeit. Die Metamophose des Mehlwurms zum 3D-gedruckten, traditionellen Lebensmittel ist eine Handreichung zur Überwindung unserer Nahrungsgewohnheiten und Ressentiments. Die angehende Industriedesignerin beschreibt ihren Falschen Hasen aus Insektenfleisch „als einen Gegenentwurf, der moralisch und ökologisch vertretbar ist“. Dieser Meinung schließt sich der Freundes- und Förderkreis der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle an.
Dr. Sven Seeger, Vorsitzender des Freundes- und Förderkreis der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle e.V.
Laudatio:Friends of Giebichenstein Design Award
In Europe, hunger is luckily not a prevailing problem any more. The food industry supplies us with full and luxuriously set tables every day. Citizens must spend a higher percentage of their income on food in every other part of the world. However, it should be clear that this development will come to an end also in our Western world. We need to focus more on the sustainability of our eating habits. Last year, a report by the Food and Agriculture Organization ot the United Nations, the FAO, started its readers by claimiing that insects will be one of our primary sources of nourishment in the future. In our (Western) culture, insects are mostly considered to be disease-carrying anddisgusting, and eating them is taboo. Qite on the contrary, scientists warn that the introduction of Western eating habits has ruled out insects from the traditional menus in many regions of the world. With her project Bugs Bunny, Carolin Schulze focuses on this problem with a profound sobriety but also a balancing lightheartedness that comes close to parody. The metamorphosis from mealworm to traditional foodstuff that comes out of a 3D printer is a recommendation to overcome our eating habits and aversion. Carolin Schulze, who studied Industrial Design, describes her Bugs Bunny made of insect meat as an „alternative concept that is morally and ecologically acceptable“. We, the Friends of Burg Giebichenstein, would like to join her in her argumentation.
Dr. Sven Seeger, chairman of the association of friends of Burg Giebichenstein e.V.(registered society)
Laudatio Bestes Experiment
Die Arbeit wirft eine interessante und zugleich fundamentale Frage auf: Wie können wir unser Konsumverhalten verantwortungsvoll gestalten und dabei überlebenswichtige Ressourcen für kommende Generationen schonen? Carolin Schulze gelingt es auf charmante Weise, unsere Essgewohnheiten kritisch zu hinterfragen und an kulinarische Grenzerfahrungen heranzuführen. Mit wenigen Komponenten, bestehend aus einer speziellen Rezeptur basierend auf Mehlwürmern, wird das bekannte Bild des falschen Hasen mittels 3D-Drucker neu interpretiert. Dieses Projekt ist mehr als ein Experiment, es ist ein Plädoyer für einen verantwortungsvollen Umgang mit unserer Umwelt!
Karim Sabano, Innenarchitekt, Erfurt
Laudatio: Best Experiment
The work raises an interesting and also fundamental question: How can we achieve a more responsible consumer behaviour in order to preserve important resources for coming generations? Carolin Schulze manages to critically examine our nutritional habits in a charming way and inspires us to the limits. Using only few components, such as a special recipe on the basis of mealworms, the well-known image of Bugs Bunny is re-interpreted with the aid of a 3D printer. This project is more than just an experiment, it is a plea for responsibly handling our environmet!
Karim Sabano, interior architect, Erfurt
Am 23. Novevember wurde das Projekt mit dem Bundespreis ecodesign 2015 in der Kategorie Nachwuchs ausgezeichnet. Entgegengenommen hat den Preis im Umweltbundesamt in Berlin Christian Zöllner (von the constitute). Christian Zöllner hat im Sommersemester 2014 an Burg Giebichenstein während einer Gastprofessur das Projekt unter dem Oberthema "spekulative artefacte and design fiction with cnc-technologies" betreut.
Jurystatement:
„Das visionäre Pilotprojekt „Falscher Hase – Bugs‘ Bunny“ hat die Jury begeistert. Design nicht nur für die Optimierung singulärer Themen, sondern als eine Disziplin zu begreifen, die hilft, zivilisatorische Probleme zu lösen, ist eine generalistische Herangehensweise. Carolin Schulze produziert aus Insekten eine formbare Masse, die über einen 3D Food-Drucker zu bekannten Nahrungsmittelformen verarbeitet wird und die Insekten in einen neuen 'Aggregatzustand' befördert. Insekten zu Nahrung zu verarbeiten kann bekanntermaßen in Zukunft Welternährungsprobleme lösen – deshalb kann diese progressive Arbeit als äußerst zeitgemäß und zukunftsweisend gelten.“ (Werner Aisslinger)
„Ich würde mir wünschen, dass Ecodesign größere politische Dimensionen erreicht. Ecodesign darf anecken und kann auf verschiedenen Ebenen zum Nachdenken anregen. Nachvollziehbarkeit und Transparenz sind dabei wichtig. Denn nur zugängliche Projekte können Sensibilisierung für einen nachhaltigen Konsum schaffen. Themen, die jeden etwas angehen, müssen angesprochen werden. Ecodesign hat viele Facetten. Jeder kann durch scheinbar kleine Entscheidungen einen Beitrag leisten und großes bewirken. Dies trifft für Entscheidungen von Unternehmen ebenso zu wie für Entscheidungen von Konsumenten. Die höchste staatliche Anerkennung in der Kategorie ‚Nachwuchs‘ für ein Insektenprojekt zu erhalten ist sehr bezeichnend. Jetzt muss auch von Seiten der Gesetzgebung der rechtliche Weg für zukunftsweisende Produkte aus Insekten geebnet werden.“ (Carolin Schulze)
Zur selben Zeit fand in Frankfurt am Main die Future Convention statt. Auf ihr wurde auch der Future Award 2015 in insgesamt 12 Kategorien vergeben. Das Projekt Falscher Hase / Bugs´Bunny gewann hier einen Preis in der Kategorie Sustainability.